Die Weihnachtszeit erinnert uns nicht nur an christliche Traditionen, sondern lässt sich auch auf ältere Feste und Bräuche zurückführen, die zur gleichen Jahreszeit gefeiert wurden. Besonders spannend sind die Parallelen zu den Mysterienkulten um Mithras und Isis, deren zentrale Gottheiten eng mit Himmelskörpern verbunden waren: Sonne und Mond.
Abb.: Das Kultbild des Mithraskults, die sogenannte "Tauroktonie", zeigt eine Vielzahl astrologischer Symbole. Neben Tierkreiszeichen und Sternen auf dem Umhang sind Stier, Löwe und Skorpion besonders hervorgehoben. Die Fackelträger mit gekreuzten Beinen werden mit dem Sternbild Zwillinge assoziiert: Cautes, dessen Fackel nach oben weist, symbolisiert die Morgensonne, während Cautopates mit der nach unten gerichteten Fackel die Abendsonne darstellt. Ganz oben sind Sonne und Mond in typischer Darstellung ihrer Himmelswagen abgebildet. Links erscheint übrigens der „schlafende Saturn“ – eine Anspielung auf Hesiods Erzählung, in der Kronos-Saturn in einer Höhle von der neuen Weltordnung im „Goldenen Zeitalter“ träumt, über das er einst herrschte. (Bildquelle: gemeinfrei über Wikipedia. Tauroktonie aus dem Mithräum I in Nida, heute Heddernheim, Frankfurt, Anfang 2. Jh.)
Sonne und Mond als kosmisches Paar
Im Mithraskult wurde Mithras als „Schöpfer und Vater des Alls“ mit der Sonne (Sol-Helios) assoziiert. Sein weibliches Gegenstück, der Mond (Luna-Selene), erschien in symbolischer Form als Stier. Dieser Kult betonte Werte wie Ordnung, Loyalität und Macht – Eigenschaften, die besonders für militärische Anhänger attraktiv waren. Im Isis-Kult verkörperte die Göttin Isis als „Mutter der Schöpfung“ den Mond. Sie stand für Schutz, Fürsorge und Wachstum – sowohl im diesseitigen Leben als auch im Jenseits. Im Gegensatz zu Mithras schloss der Isis-Kult niemanden aus. Er versprach sowohl spirituellen Beistand als auch praktische Unterstützung, was besonders Frauen, Kindern und Jugendlichen zusagte.
In beiden Kulten spiegelten Sonne und Mond das Zusammenspiel von Licht und Dunkelheit wider – eine kosmische Dualität, die in ihrer Symbolik tief verankert war.
Abb.: Das Wand Fresko in Pompeii zeigt Isis, hier mit Fortuna (die wir vom astrologischen Glückspunkt her kennen) gleichgesetzt. Sie trägt als Erkennungsmerkmal eine Mondsichel auf dem Kopf. Ihr Fuß ruht auf einem Globus, der hier - anders als bei Fortuna- mit einem Ruder ausgestattet ist, denn Isis kann das Schicksal aktiv lenken. (Bildquelle: gemeinfrei über Wikimedia Commons)
Astronomie, Astrologie und Rituale
Die Feste der beiden Kulte orientierten sich oft an astronomischen Rhythmen. Besonders die Wintersonnenwende um den 21. Dezember markierte ein wichtiges Datum. Sie symbolisierte den Neubeginn, das Wiedererstarken des Lichts nach der längsten Nacht. Dieses Ereignis verband den natürlichen Jahreszyklus mit mythischen Vorstellungen von Werden und Vergehen - und der Wiedergeburt der Seele nach dem Tod in ein besseres Dasein, das mit diesen Kulten angestrebt wurde.
Der Mithraskult zeigt eine auffällige Präsenz astraler Symbolik, doch deuten die Quellen nicht auf eine direkte astrologische Praxis hin. Im Gegensatz dazu gibt es im Isis-Kult Anzeichen dafür, dass astrologische Überlegungen aktiv in den Kultbetrieb integriert wurden und dass einige Priester des Kultes zugleich als Astrologen tätig waren. Dabei könnten die Wahl günstiger Zeitpunkte (Elektionen) für Initiationen oder die astrologische Analyse von Geburtskonstellationen eine Rolle gespielt haben. Hinweise dazu finden sich in Papyri und in dem Roman "Der Goldene Esel" von Apuleius, einem Schriftsteller und Philosophen des 2. Jahrhunderts, der selbst in den Isis Kult eingeweiht war.
Inspiration für die Gegenwart
Diese historischen Einblicke zeigen, wie tief die Verbindung zwischen Himmelsereignissen und menschlichem Kulturschaffen ist. Der Jahresausklang lädt uns alle dazu ein, innezuhalten und diese kosmische Dimension auch in unserem eigenen Leben zu reflektieren.
Ich wünsche allen eine schöne Sonnenwende, friedliche Weihnachten und ein wundervolles neues Jahr!
Mehr zu Mithras, Isis und Astrologie in den Mysterienkulten in der Antike kann man hier nachlesen.